Das im Prosnatal gelegene Kalisz ist die zweitgrößte Stadt Großpolens. Die ältesten Spuren menschlicher Tätigkeiten im Stadtgebiet der Stadt stammen aus dem Mesolithikum. Während der Römerzeit bestand eine Siedlung an der „Bernsteinstraße“, die das Römische Imperium mit der Ostseeküste verband. Von dem Rang dieser Siedlung zeugt die Tatsache, dass gegen Mitte des 2. Jhs. der alexandrinische Gelehrte Claudius Ptolemäus in seiner „Geographia“ den Ort „Calisia“ nannte, der von Forschern als Kalisz identifiziert wird. Kalisz darf sich also unter den polnischen Städten der ältesten schriftlichen Gründungsurkunde rühmen.

Kalisz- die Piastenburg im Stadtteil Zawodzie

Kalisz- die Piastenburg im Stadtteil Zawodzie

Piastenhauptstadt

Ab 1193 war Kalisz die Hauptstadt eines piastischen Herzogtums, das 1305 zur Woiwodschaft umgewandelt wurde. Die damalige Siedlung bzw. frühmittelalterliche Wallburg befand sich seit dem 9. Jh. in Zawodzie, etwa 2½ km vom heutigen Stadtzentrum entfernt. Erst nach 1233 verlegte der schlesische Herzog Heinrich der Bärtige die Siedlung in nördliche Richtung. Gegen 1257 erfolgte dann die Stadtgründung.

Der innere Teil der Stadt zeichnete sich durch den spindelförmigen Verlauf zweier Handelsstraßen, durchschnitten von Querstraßen, mit dem zentral angelegten rechteckigen Markt, aus. Dieser mittelalterliche Stadtgrundriss ist bis heute erhalten geblieben. Die neu gegründete Stadt verfügte über ein jüdisches Viertel mit einer der ältesten jüdischen Gemeinden auf polnischem Boden, deren Rechte im sog. Statut von Kalisz durch Boleslaus dem Frommen 1264 verbrieft worden waren.

Blüte und Zerstörungen

Ihre Blütezeit hatte Kalisz im 15. und 16. Jh. Einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die architektonische und die gesellschaftliche Entwicklung hatte die Ansiedlung der Jesuiten im Jahre 1538 sowie die Stiftung des Kollegiums und der Kirche vom Gnesener Erzbischof Stanisław Karnkowski. Zahlreiche Kriege und Brände im 17. und 18. Jh. bremsten die Entwicklung der Stadt. Besonders tragisch war das Jahr 1792, als ein großer Brand fast die gesamte Stadt in Schutt und Asche legte. Während der preußischen Herrschaft (1793-1806) wurden große Teile der Stadtmauer abgetragen.

Die Schlacht bei Kalisch

August der Starke in der Schlacht bei Kalisch, 1706

August der Starke in der Schlacht bei Kalisch

Am 29. Oktober 1706 fand vor den Toren der Stadt (in Kościelna Wieś) die „Schlacht bei Kalisch“ statt. 700 Soldaten ließen umsonst ihr Leben, da bereits einen Monat vorher der Altranstädter Frieden den Großen Nordischen Krieg beendet hatte.  Diese wichtige Information drang jedoch nicht zu den schwedischen Truppen und den mit ihnen verbündeten polnischen Truppen Stanisław I. Leszczyńskis vor. Mit Hilfe russischer Truppen unter Führung von Fürst Menschikow gewann der persönlich anwesende August der Starke die Schlacht, deren Ausgang aber ansonsten folgenlos blieb. Alle Gefangenen, darunter auch Feldhetman Józef Potocki, einer der reichsten polnischen Magnaten, wurden wieder freigelassen. Potocki hatte sich erst ein Jahr zuvor der Gegenpartei August des Starken zugewandt und in der Schlacht den rechten Flügel der polnischen Truppen befehligt. Er blieb bis an sein Lebensende Gegner der Sachsen auf dem polnischen Thron. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang, dass aber auf sächsischer Seite auch Polen gestanden haben, darunter Adam Mikołaj Sieniawski. Er befehligte etwa ein Drittel der vereinigten Streitkräfte und war später der Anführer der gegen die Schweden gerichteten Konföderation von Sandomir. Ein weiterer Befehlshaber war Johann Christoph von Naumann, der später als Baumeister den polnischen und sächsischen Barock prägte und die ersten Bauordnungen erließ.

Kalisz wird russisch

Nach der kurzen Zugehörigkeit zu Preußen in den Jahren 1793 – 1806 (in Folge der 2. polnischen Teilung) wurde Kalisz Departmentshauptstadt des Herzogtums Warschau.

Am 28. Februar 1813 wurde der „Vertrag von Kalisch“ zwischen Preußen und Russland geschlossen. Dieser Friedens-, Freundschafts- und Bündnisvertrag markierte den endgültigen Wechsel Preußens auf die Seite der Gegner Napoleons. Er garantierte in einem geheimen Artikel die Wiederherstellung Preußens in den Verhältnissen von 1806. Allerdings musste Preußen auf das Herzogtum Warschau verzichten. Eine Landverbindung nach Ostpreußen wurde Preußen jedoch zugestanden. Russland verpflichtete sich, gegen Frankreich eine Armee von 150.000 Mann aufzustellen. Preußen sagte 80.000 Mann zu.

Marienkirche und Sanktuarium des hl. Josef

Marienkirche und Sanktuarium des hl. Josef in Kalisz

Nach dem Fall des Herzogtums Warschau und der Abdankung Friedrich August I. am 22. Mai 1815 gehörte Kalisz zum von russischen Zaren regierten Königreich Polen. Kalisz wurde ein wichtiges Verwaltungs-, Wirtschafts- und Kulturzentrum  Kongresspolens. Es entstanden mehrere monumentale klassizistische Bauten wie die Woiwodschaftsschule (1819), das Tribunalsgebäude (1820-1824), der Gouverneurspalast (1824-25) und die steinerne Prosnabrücke (1825). 1835 fand die aufwändig inszenierte „Revue von Kalisch“ statt, ein Militärmanöver, das gemeinsam von Preußen und Russland abgehalten wurde.

1. und 2. Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg hat tiefe Spuren in Kalisz hinterlassen. Im August 1914 hat die deutsche Armee die schutzlose Stadt zu 95 % zerstört. Von 65.000 Einwohnern leben nach dem Krieg nur noch 5.000 in der Stadt. In den 20er und 30er Jahren wurde die Altstadt wieder aufgebaut.

Während des Zweiten Weltkrieges gehörte Kalisz zum sog. „Wartheland“.  Die deutsche Besatzungszeit brachte unendliches Leid über die Bevölkerung, Repressalien und Verfolgungen. Etwa 1/3 der Bevölkerung, insbesondere die Juden, wurden ermordet.

Aufschwung in der Nachkriegszeit und erneutes Aufblühen

Die Nachkriegsjahre waren vom Industrie- und Infrastrukturausbau sowie von der gesellschaftlich-kulturellen Entwicklung gekennzeichnet. Das moderne Kalisz hat ca. 110.000 Einwohner und profitiert von einer harmonischen Verflechtung von Elementen der Vergangenheit und Gegenwart.

  • Rathaus (Ratusz) , erbaut 1920-25 im Neorenaissancestil

    Eingang zum evang. Friedhof

    Eingang zum evang. Friedhof

  • Franziskanerkirche und –kloster (Kościół i klasztor oo. Franciszkanów), gegründet 1257, gotisch mir barocker Innenausstattung
  • Garnisonskirche (Kościół Garnizonowy), erbaut 1592-97, ehemalige Jesuiten-, später evang. Kirche, barockes Erscheinungsbild
  • Kathedrale zum Heiligen Nikolaus (Katedra św. Mikołaja), erbaut 1253-1280, barocke Innenausstattung, Jugendstilkapelle, im Innenhof ältestes säkulares Gebäude der Stadt aus dem Jahre 1448)
  • Marienkirche und Sanktuarium des hl. Josef (Bazylika Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny – Sanktuarium Św. Józefa), gestiftet 1370 mit gotischem Hauptaltar Städtische Pfarrkirche zum Heiligen Joseph, (17.–18. Jahrhundert Barock)
  • Jesuitenkirche (Kościół  Jezuitów), 1. Hälfte 17. Jh., Barock
  • Peter- und Paulskirche, griechisch-orthodoxe Kirche, erbaut in den 1920er Jahren
  • Archäologisches Freilichtmuseum in Zawodzie – Kalischer Piastenburg (Kaliski Gród Piastów), frühmittelalterliche Burgreste (9.-12. Jh.) mit Fundamenten der Grabeskirche von Mieszko III.
  • Bezirksmuseum (Muzeum Okręgowe) mit Dauerausstellung zur Kalischer Geschichte
  • Sitz des Starosten des Kreises Kalisch (Gmach Starostwa Powiatu Kaliskiego), ehem. Gouvaneurspalast, 1824, klassizistisch
  • Wachgebäude (Rogatka Wrocławska), erbaut 1827/28
  • Grundmauern des Königsschlosses (Zamek Królewski), Reste des nach dem Brand 1792 abgerissenen mittelalterlichen Schlosses
  • Reste der Stadtmauer mit Dorotheenturm (Baszta Dorotka), erbaut 1350-61 mit Ausstellung des auf das 15. Jh. zurückgehenden Kalischer Schützenvereins
  • Stadtpark (Park Miejski), 1798 gegründet mit zahlreichen Naturdenkmälern
  • evang. Friedhof (Cmentarz ewangelicko-augsburski), seit dem 17. Jh., u. a. mit Grabstätten der Familie Bieberstein und Kalischer Industrieller
  • russisch-orth. Friedhof (Cmentarz grecko-prawosławny), seit dem 18. Jh.
  • Neuer jüdischer Friedhof (Nowy cmentarz żydowski), einziger noch erhaltener Kalischer jüdischer Friedhof (19. Jh.) im Stadtteil Widok
  • Soldatenfriedhof (1916) mit Gräbern vieler Deutscher
  • Sowjetischer Ehrenfriedhof (1946) mit großer Gedenksäule aus dem Granit der Neuen Reichskanzlei in Berlin

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