Auszug aus der Reiskarte Dresden-Warschau (1751)

Auszug aus der Reisekarte Dresden-Warschau (1751)

Die Schlösseretappe! Kein anderer Abschnitt zwischen Dresden und Warschau bietet eine solche Zahl an Schlössern. Will man halbwegs geradlinig in Richtung Gostyń fahren, muss man unter Umständen Kompromisse machen, denn auch das Städtchen Poniec ist Teil der sächsischen Geschichte und eine Visite wert …

Für diese Etappe gibt es in Zürners Reiseführer keine weiteren Hinweise auf Stationen unterwegs. Vermutlich verlief die vier sächsische Meilen (36 km) lange historische Route etwa entlang der heutigen, viel befahrenen Landesstraße 12, weshalb nachfolgende Alternativen empfohlen werden. Da sich auf der Etappe etliche sehenswerte Schlösser, Kirchen und ein Schlachtfeld des Großen Nordischen Krieges befinden, fällt die Auswahl einer optimalen, geradlinigen Streckenempfehlung zwischen Leszno und Gostyń schwer. Die meisten Bezüge zu Sachsen-Polen hat sicherlich die Strecke über Rydzyna und Poniec. Aber auch entlang die ca. 7 km kürzeren, nördlich der nachfolgend beschriebenen Strecke verlaufende Route hat mit den Schlössern in Pawłowice und Łeka Wielka ihre Höhepunkte.

Wir verlassen Leszno in südöstlicher Richtung. In Dąbcze (Dambitsch) passieren wir die aus dem 17. Jh. stammende Fachwerkkirche und erreichen nach 11 km ein Highlight der gesamten Reise nach Warschau: Rydzyna (Reisen). Das Städtchen verfügt über eine barocke Stadtanlage und das schönste Barockschloss Großpolens, erbaut zwischen 1685 und 1695. Es gehörte seit dem Ende des 17. Jahrhunderts der Adelsfamilie Leszczyński.

Schloss Rydzyna (Foto: J. Lewiński, 2011)

Schloss Rydzyna (Foto: J. Lewiński, 2011)

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war dies der Ort der Kindheit und Jugend des polnischen Königs Stanisław I. Leszczyński, des unmittelbaren Widersachers Augusts des Starken um den polnischen Thron. 1707 brannten russische Truppen das Schloss nieder.

In Reisen fand im Sommer 1714 die Fortsetzung der Verhandlungen zwischen August dem Starken und den Gesandten des osmanischen Sultans und des Tatarenkhans statt. Nachdem Schwedenkönig Karl XII. nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Poltawa im Jahre 1709 auf osmanisches Staatsgebiet geflüchtet war, rang August um seine Anerkennung als König von Polen. Dank der 1712 begonnenen diplomatischen Mission seines Gesandten Johann Georg Spiegel verbesserte sich das Verhältnis zu Osmanen und Tataren wieder und so wurden in Reisen auch Geschenke ausgetauscht. Davon zeugen sich u. A. Sättel, Schabracken und Steigbügel, die heute in der „Türckischen Cammer“ im Dresdner Residenzschloss besichtigt werden können.

Leszczyński verkaufte das Schloss später an Alexander Jósef Sułkowski, Minister am Hofe August III., der es in den Jahren 1742 bis 1745 im Rokokostil umbauen ließ. König August der Starke und sein Sohn, August III., hielten sich mehrmals in Rydzyna auf. Die fürstliche Residenz der Familie Sułkowski war in ganz Großpolen als kulturelles Zentrum u. a. wegen ihres Hoftheaters berühmt. 1945 wurde das Schloss von sowjetischen Truppen zerstört und 1970-89 nach alten Plänen rekonstruiert. Es steht Besuchern offen und beherbergt u. a. auch ein Restaurant.

Nach weiteren 11 km, hauptsächlich über Nebenstraßen, erreicht man das zum 8.000-Einwohner-Städtchen Poniec (Punitz) gehörende Janiszewo (Janischewo). Hier fand am 7. November 1704 im Rahmen des Großen Nordischen Krieges ein „Rückzugsgefecht“ zwischen sächsisch-polnischen und schwedischen Truppen statt. Trotz eines heftigen schwedischen Angriffs und Verlusten von 500 Toten, Verwundeten und Gefangenen konnten die Sachsen später bei Głogów (Glogau) den Übergang über die Oder schaffen. Erwähnenswert scheint, dass Preußenkönig Friedrich II. in einer seiner Schriften die militärische Leistung des sächsischen Generals Schulenburg bei diesem Rückzug als beispielhaft hervorhob. 5 Jahre später hatte sich die Situation wieder gewandelt: Am 3. September 1709 hielt sich August der Starke, der nach der Niederlage der Schweden bei Poltawa die polnische Krone wieder in Besitz nehmen wollte, bei seiner Rückkehr nach Polen, aus Guben kommend, in Poniec auf. So wird in den „Sächsischen Merkwürdigkeiten“ berichtet.

Von Poniec gehen heute mehrere markierte Radrouten aus, darunter zwei auf den Spuren des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz und des Adelsgeschlechts der Czartoryskis.

Schloss Rokosowo

Schloss Rokosowo

Von Poniec führt die Route 6 km weiter über Śmiłowo, Drzewce und Czarkowo nach Rokosowo mit seinem in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Stil der romantischen Gotik erbauten Schloss. Bauherr war Graf Józef Mycielski, der Architekt Friedrich Stüller. Einige Generationen lang war das Schloss auch Residenz der Prinzen Czartoryski. Es ist von einem 10 ha großen Park mit wertvollem Baumbestand umgeben. Im Schloss befindet sich heute ein Hotel mit angeschlossenem Tagungszentrum.

Richtung Gostyń, dem nächsten Etappenziel, fährt man nun über Łęka Mała und Aleksandrowo. Die Distanz von Rokosowo aus beträgt 15 km. Unentwegte mögen noch einen Abstecher nach Łęka Wielka machen und einen Blick auf das 1870 für Leon Mielżyński im englischen Stil erbaute, neogotische Schloss mit seinem 6,5 ha großen Schlosspark werfen. Es befindet sich in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden.

Schloss Pawłowice

Schloss Pawłowice

Die nur 36 km lange alternative Route führt aus Leszno in östlicher Richtung über Nowa Wieś 14 km nach Pawłowice (Pawlowitz) mit seinem klassizistischen Schloss der Familie Mielżyński. Die imposante Schlossanlage wurde nach dem Entwurf von Carl Gotthard Langhans, dem Architekten des Brandenburger Tores in Berlin, 1737-99 errichtet. Die Innenräume sind ein Werk von Johann Christian Kamsetzer, geboren 1753 in Dresden, gestorben 1795 in Warschau und beigesetzt auf dem dortigen evangelischen Friedhof. Kamsetzer war sächsisch-polnischer Architekt und arbeitete u. a. auch für den polnischen König Stanisław August Poniatowski, den Nachfolger Augusts III. auf dem Thron. Das Schloss kann nach telefonischer Vereinbarung besichtigt werden (Tel. +48 65 529 92 22).

Kirche in Oporowo

Kirche in Oporowo

Von Pawłowice sind es 7 km bis nach Oporowo, einem Dorf mit einer sehenswerten, barock ausgestatteten Fachwerkkirche aus dem Jahr 1640 und einem für die Region typischen Gutskomplex. Nach weiteren 3 km trifft man dann hinter Łeka Wielka auf die oben beschriebene Route.

 

Links

www.rydzyna.pl

www.zzdpawlowice.pl

www.poniec.pl

www.rokosowo.pl