Diese Etappe ist die erste, für die Zürner in seinem Reiseführer eine Vielzahl kleinerer Orte vermerkt: Burcka, Rusko, Bodarsitze, Saxschewo und Kodlin. Dies deutet darauf hin, dass man sich nun mehr und mehr abseits gut erschlossener Gefilde bewegte und den Weg besonders genau beschreiben musste. Allerdings waren in Borek und Zakrzew „reguläre Posten“ eingerichtet und in Rusko und Kotlin ist die Existenz eines Gasthauses vermerkt – für den Reisenden oder zumindest den Postillion war also dennoch vorgesorgt.

Heute führt die Landesstraße 12 von Gostyń nach Pleszew über Jarocin (Kesselberg). Jarocin, ein seit der Frühzeit besiedelter Ort, der an der Kreuzung der wichtigen Handelswege von Wrocław nach Toruń und von Poznań nach Kalisz lag, ist durchaus auch einen Besuch wert. Wer die Stadt als Zwischenstation nach Pleszew nutzen will (über Rusko 45 km von Gostyń), sollte das barock-klassizistische Rathaus (1804) und den schönen Marktplatz, die gotische Stadtpfarrkirche und das ehemalige Schloss (um 1850) der Fürsten Radolin bzw. Radoliński  besichtigen.

Unsere Fahrradetappe beginnt am Gostiner Rathaus. Zunächst geht es zum Philippinerkloster hinauf. Dort folgen wir der nördlich am Kloster vorbei in Richtung Smogorczewo führenden Asphaltstraße. Nach ca. 500 m verlassen wir die Straße wieder und fahren auf dem geradeaus verlaufenden Feldweg weiter bis nach Piaski (Sandberg). Dort nehmen wir die in Richtung Pogorzela rechts abbiegende Straße und  fahren bis nach Strelce Wielkie. Am Dorfende, vor Haus-Nr. 54, biegen wir in eine kleine asphaltierte Nebenstraße ein, halten uns rechts und fahren durch Zalesie bis nach Borek Wielkopolski (20 km ab Gostyń). Die Strecke führt über Nebenstraßen ohne nennenswerte Höhenunterschiede überwiegend durch Feldfluren und kleine Dörfer.

Borek Wielkopolski

Rathaus in Borek Wielkopolski

Rathaus in Borek Wielkopolski

Das 2.500 Einwohner–Städtchen Borek Wiekopolski erhielt 1392 das Stadtrecht nach Magdeburger Recht. Seit dem 15. Jahrhundert war es ein Zentrum des Tuchmacher- und Leinenhandwerks – seit 1653 mit einem regelmäßigen Jahrmarkt. Die Stadt hatte über die Jahrhunderte verschiedene Besitzer. 1726 wurde sie von Stadt Kazimierz Sapieha, einem Vertreter des polnischen Hochadels, erworben. Meyers Lexikon vermerkt, dass Borek im Jahre 1880 2.081 Einwohner hatte, wovon 62 % Polen waren. Während der deutschen Okkupationszeit zwischen dem 8. September 1939 und dem 25. Januar 1945, als die Stadt von der ersten ukrainischen Front befreit wurde, gab es in Borek ein Germanisierungszentrum für polnische Kinder. Diese durften keine Kontakte zu ihren Eltern unterhalten und nur Deutsch sprechen.

Sehenswert in Borek sind die Marienkirche aus dem 17. Jh. mit als wundertätig verehrten Bild der Muttergottes aus dem späten 16. Jh., die St.-Stanislaus-Kirche aus dem 15. Jh., das Rathaus (1853) und das aus dem 18. Jh. stammende Pfarrhaus.

Hinaus aus Borek geht es in östlicher Richtung auf der Zdzieska–Straße. Über Bruczkόw, Rusko und Stara Obra geht es insgesamt 20 km bis nach Wałkόw, wo die Landesstraße 15 gequert werden muss. Von dort aus führt der Weg über Galew 8 km nach Dobrzyca mit seinem schönen Schloss- und Parkensemble.

Gorzeński-Schloss und Park in Dobrzyca

Die erste schriftliche Erwähnung von Dobrzyca erfolgte im Jahre 1327, als dem Adeligen Mikołaj Dobrzycki der Besitz des Ortes urkundlich bescheinigt wurde. Im Jahre 1440 verlieh der König Władysław III. von Warna dem Ort das Stadtrecht. 1655 zogen sich Hetman Jerzy Sebastian Lubomirski, der Führer eines Adelsaufstands gegen König Johann II. Kasimir, nach einem Sieg über die königlichen Truppen bei Częstochowa ins großpolnische Hinterland zurück und schlug sein Hauptquartier in Dobrzyca auf.

Schloss Dobrzyca

Schloss Dobrzyca

Im 18. Jh. hatte Dobrzya nicht mehr als etwa 1.000 Einwohner. 1717 erlosch das Geschlecht der Dobrzyckis und der wohlhabende Landadelige Aleksander Gorzeński erwarb die Stadt. Dessen Enkel, General Augustyn Gorzeński, Adjutant des Königs Stanislaus II. August Poniatowski, Sejm-Abgeordneter und Mitgestalter der Verfassung vom 3. Mai 1791, sorgte ab 1772 für eine Neubelebung der städtischen Wirtschaft.  Infolge der Teilungen Polens geriet auch Dobrzyca ab 1793 unter preußische Herrschaft. Der General begann mit dem Umbau des alten Schlosses zum zeit- und standesgemäßen Adelspalais mit weitläufigem Landschaftspark. Dieses entstand zwischen 1795 und 1799 und wurde von Stanisław Zawadzki entworfen, dem führenden polnischen Baumeister der Epoche. Architektonisch ist es ein Werk des Frühklassizismus, das im Innern noch einige spätbarocke Stilmerkmale aufweist (z. B. illusionistische Malereien italienischer Dekorateure aus Warschau). In seiner Außenerscheinung verbindet es traditionelle bauliche Elemente eines polnischen Adelssitzes mit den Ansprüchen eines zweiflügeligen Repräsentationsbaus. Auffallend am Gebäude ist die freimaurerische Symbolik.

Die Stadt und ihre Güter wechselten dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts mehrfach den Besitzer, bevor 1890 der bibliophile Graf Zygmunt Czarnecki die Stadt erwarb, die sich dann bis 1939 in Familienbesitz der Czarneckis befand. Die Grafen sorgten für eine Anbindung der Stadt an die Eisenbahn, gründeten Landwirtschaftsvereinigungen und eine Landwirtschaftsbank. Dem Ort eng verbunden ist auch Stanisław Mikołajczyk, Sejm-Abgeordneter und späterer Premierminister der polnischen Exilregierung in London. 1940, während des Zweiten Weltkriegs (nach der Zwangsaussiedlung der Gräfin Czarnecka und ihrer Töchter ins Generalgouvernement), funktionierten die nationalsozialistischen Besatzer den Palast zu einem Getreidespeicher um. In den Nachkriegsjahren diente der heruntergekommene Bau unter anderem als Grundschule. Später erfolgte dann die Umwandlung in ein Museum.

Noch bedeutsamer als das Schloss ist der Landschaftspark, der ebenfalls um die Wende vom 18. zum 19. Jh. im englischen Stil angelegt wurde. Er umfasst zwei Flussläufe sowie mehrere Teiche und Kanäle. Der Pantheon genannte Rundpavillon, dessen architektonisches Vorbild das römische Pantheon darstellt, war im 19. Jh. Versammlungsort einer Loge der Freimaurer. Auf einer künstlichen Insel erhebt sich in einem der Teiche ein Monopteros, ferner gibt es ein Gartenhaus und exotische Pflanzenarten.

Über Taczanόw nach Pleszew

Wer nun von Dobrzycya möglichst direkt nach Pleszew fahren will (14 km), sollte über die Straße in Richtung Fabianόw – Kowalew fahren. 6 km länger ist die Strecke über Taczanów (Taczanowo), die allerdings noch den Besuch des sehenswerten Schlossgutes ermöglicht.

Wir fahren aus Dobzyca in südlicher Richtung hinaus und nehmen am Ortsausgang den Abzweig in Richtung Sośnica. Die kleine Asphaltstraße führt 6 km über flaches Terrain mit Feldern und Obstbäumen. An ihrem Ende biegen wir rechts Richtung Koryta ab. Nach einem weiteren Kilometer biegen wir hinter dem Friedhof links nach Taczanόw ab, was noch 7 km entfernt liegt.

Schlossgut Taczanόw

Die polnische Adelsfamilie Taczanowski wurde 1437 erstmals urkundlich erwähnt und herrschte einige Jahrhunderte über ihren Besitz in der Nähe von Pleszew. Nachdem die Region 1815  preußisch geworden war, erfolgte im Jahre 1854 die Erhebung des königlich-preußische Kammerherrn Alfons von Taczanowski in den preußischen Grafenstand, was später auch auf allen erstgeborenen Nachkommen widerfuhr.

Schloss Taczanwo, historische Ansicht,  Sammlung_Duncker (Quelle: wikipedia)

Schloss Taczanwo, historische Ansicht, Sammlung Duncker (Quelle: wikipedia)

Das Palastgut befindet sich im zentralen Teil des Dorfes Taczanόw Drugi und kann zumindest von außen besichtigt werden. Der älteste Teil Schlosses stammt aus dem späten 18. Jh. Um 1853 wurde er auf Initiative von Alfons von Taczanowski im klassizistischen Berliner Stil erweitert und verändert. Es entstand ein Komplex aus Backstein mit neugotischen Nebengebäuden, einem Turm, Kreuzgang, Wintergarten, Bibliothek, mit Zinnen gekrönten Mauern und einer Kapelle (1861). Diese wurde im neogotischen Stil mit Kreuzrippengewölbe und Buntglasfenstern erbaut. Zur Ausstattung gehören Altar, Kanzel und Taufstein. Die Krypta beherbergt das Familiengrab (Gedenktafel am Eingang zur Kapelle). Die Kapelle ist über die Empore mit dem Glockenturm verbunden.

Der 21 ha große Park beherbergt drei Teiche, darunter einen mit Insel und Pavillon. Darüber hinaus findet man Skulpturen, Brunnen und die Ruinen eines Eiskellers. Der Baumbestand umfasst Hainbuchen, Kastanien, Eschen, Pappeln, Eichen, Eiben und Tannen.

Vom Schlossgut bis nach Pleszew sind nun noch 5 km in nördliche Richtung zu absolvieren.

Links

www.borekwlkp.pl

www.dobrzyca-muzeum.pl

www.taczanow.nets.pl