Auszug aus der sächischen Postkarte von 1751

Auszug aus der Reiskarte von Dresden nach Warschau von 1751

Die Etappe von Pleszew nach Kalisz hat einen klaren Höhepunkt: das Schlossensemble in Gołuchów. Für das Museum, den Park und die sonstigen Sehenswürdigkeiten sollte man etwas Zeit einplanen oder vielleicht sogar in Gołuchów Station machen. Und vor den Toren von Kalisz, in Kościelna Wieś, liegt der Ort einer der wenigen Siege Sachsens über die Schweden, der zwar folgenlos blieb, an dem aber August der Starke persönlichen Anteil hatte…

Zürner hat für die Etappe die Stationen „Zschisch“ (vermutlich ist Brzezie gemeint) und „Glochowa“ (Gołuchów) notiert. Die historische Wegstrecke führte wohl entlang der heutigen Landesstraße 12. Für den Radfahrer gibt es dazu 2 Alternativen: eine nördliche, die von Pleszew bis nach Kalisz entlang der grün gekennzeichneten „Transwielkopolska Trasa Rowerowa“ (Transgroßpolnischer Radweg) führt, und eine südliche. Da die südliche Strecke durch den Wechsel von Feldern, Wiesen und Wäldchen abwechslungsreicher ist, wird diese hier empfohlen und im Weiteren beschrieben.

Hinaus aus Pleszew in Richtung Cieśle (Quelle: google streetview)

Hinaus aus Pleszew in Richtung Cieśle (Quelle: google streetview)

Vom Rynek in Pleszew fahren wir zunächst über die Kaliszka-Straße nach Osten, biegen aber schon bald rechts in die Wodna-Straße, später Piaski-Straße, ab und fahren reichlich 6 km bis nach Cieśle. Zürner vermerkte in seinem Reiseführer: „bey Pleschow ist sehr böser Weg„. Heute schwer vorstellbar, fahren wir doch durchweg auf asphaltierten Straßen. In Cieśle wenden wir uns nach links in Richtung Bielawy und fahren weiter nach Kajew. Dort biegen wir rechts in die Kajewska-Straße ab und queren den Giszka-Bach. Danach halten wir uns links und erreichen bald Gołuchów, den touristischen Höhepunkt der Etappe.

 

Gołuchów

Schloss Gołuchów, Innenhof

Schloss Gołuchów, Innenhof

Gołuchów bietet nicht nur seine Hauptsehenswürdigkeit, das von einem Park umgebene Renaissanceschloss, sondern auch ein zum Forstmuseum gehöriges Wisentgehege, einen zum Baden einladenden Stausee und den Kamień św. Jadwigi (Hedwigsstein), einen riesigen Findling aus skandinavischem Granit. Ein lokales Radwegenetz, gastronomische Einrichtungen und Übernachtungsmöglichkeiten laden zu einem längeren Aufenthalt ein.

Die erste urkundliche Erwähnung von Gołuchów, dem Stammsitz der Familie Wieniawa Gołuchowska, stammt aus dem Jahr 1309. Im Jahre 1507 erwarb das Adelsgeschlecht der Leszczyński den Ort, wo Rafał Leszczyński ab 1550 das monumentale Schloss als Residenz und Jagdquartier erbaute. 1695 wurde das Schloss verkauft und stand eineinhalb Jahrhunderte leer. 1856 erwarb Graf Tytus Działyński das Schloss als Residenz für seinen Sohn Jan Działyński und dessen Ehefrau Elżbieta Czartoryska (genannt Izabella), die Tochter des russischen Außenministers, Fürst Adam Jerzy Czartoryski. Das junge Paar wohnte allerdings nie zusammen in Gołuchów. Jan Działyński finanzierte und organisierte in Großpolen den Januaraufstand von 1863/64 und musste emigrieren. In der Folgezeit ging das Anwesen in den Besitz der Fürsten Czartoryski über, und Izabella leitete 1875-85 die grundlegende Restaurierung der Bauten und des Landschaftsparks. Als sie 1899 in Frankreich starb, überführte man ihren Leichnam in das eigens dafür errichtete Mausoleum im Schlosspark. Das Schloss verblieb bis 1945 im Familienbesitz der Czartoryski.

Museum Schloss Gołuchów, Skulptur

Museum Schloss Gołuchów

Das zweistöckige, von vier achteckigen Basteien flankierte Schloss, ist eine Anlage aus der Blütezeit der Renaissance und entstand 1550-1560 unter Federführung von Rafał Leszczyński, Woiwode in Kujawien. 1600-1619 fügte dessen Sohn Wacław Leszczyński, Woiwode in Kalisz und polnischer Großkanzler, manieristische Stilelemente hinzu, so etwa die typische Arkadenumsäumung des Innenhofs. In den Jahren 1872-1875 wurde es nach dem Entwurf von Zygmunt Gorgolewski und Maurice Ouradou im Stil der französischen Renaissance umgestaltet, so dass man an die Architektur der Loire-Schlösser erinnert wird. Das Schloss beherbergt ­– als Teil des Nationalmuseums Poznań – Sammlungen europäischer Kunst der Neuzeit sowie antike Schaustücke: Gemälde (darunter auch solche der sächsischen Könige in Polen), Skulpturen, Goldschmiedearbeiten, Gobelins, Möbel und griechische Vasen. Die Exponate stammen aus dem Besitz der Działyński und Czartoryski, zum Teil aus dem Hôtel Lambert in Paris, dem Sitz Czartoryskis im Pariser Exil nach 1831. Der im 19. Jh. angelegte Landschaftspark wurde vom polnischen Landschaftsarchitekten Adam Kubaszewski entworfen. Um den Park herum befinden sich noch einige interessante Nebengebäude des Schlosses.

Weiter nach Kalisz240px-Szlak_rowerowy_zielony.svg

Für die Weiterfahrt nach Kalisz gibt es 3 Möglichkeiten:

  1. den „Transgroßpolnischen Radweg“ (Transwielkopolska Trasa Rowerowa mit grüner Markierung) über Jedlec, Macew, Popułek, Dojutrów, Zagórzyn, Pruszków und Warszówka nach Kalisz
  2. den die Landesstraße 12 begleitenden Radweg über Kuchary und Kościelna Wieś und
  3. den lokalen Radweg „Trasa fioletowa“ (violette Markierung), vorbei am Stausee, Gräbern von Ermordeten aus dem 2. Weltkrieg, dem Hedwigsstein, dem Dorf Borczysko nach Kościelna Wieś und von dort weiter nach Kalisz.
    Medallion aus dem Schatz von Zagórzyn (Foto: A. Bursche)

    Röm. Medallion aus dem Schatz von Zagórzyn (Foto: A. Bursche)

Bei der Entscheidung für eine der drei Varianten sollte man folgende Sehenswürdigkeiten bzw. Hinweise berücksichtigen:

  • Jedlec: 1485 erstmals erwähntes Dorf in der Nähe des linken Ufers der Prosna mit der einschiffigen St. Florians-Holzkirche, erbaut 1745-53; Kircheninneres im Rokokostil; gemauerter Glockenturm aus dem Jahre 1830
  • Zagórzyn: 1926/27 Fundort eines bedeutenden Goldschatzes germanischer und antiker Münzen, Fibeln und Brakteaten (heute in 7 verschiedenen Museen)
  • Kuchary: 6 km von Gołuchów entfernt; St.-Bartholomäus-Kirche, 1686 aus Lärchenholz erbaut; Hauptaltar mit Gemälde der Verehrung Muttergottes von 1635 sowie barockes Taufbecken und Reliquiar aus dem 16. Jh.
  • Kościelna Wieś:
    Gedenkstein an die Schlacht bei Kalisch in Kościelna Wieś

    Gedenkstein an die Schlacht bei Kalisch in Kościelna Wieś

    • Dorf vor den Toren von Kalisz
    • 1124 erstmals erwähnt; romanische Kirche aus der 2. Hälfte des 12. Jh., im 17. bis 19. Jh. aus- und umgebaut
    • Ort der Schlacht bei Kalisch (siehe unter „Kalisz“); Gedenkstein an die Schlacht (Zürner vermerkt in einer seiner Karten einen „Hügel worunter die bey ehemaliger Schlacht gebliebenen Schweden und Sachsen liegen“ – heutige Adresse: hinter Swedzka 4)
Schlacht bei Kalisch (aus "Polnische Geschichten")

Schlacht bei Kalisch (zeitgenössische Darstellung aus „Polnische Geschichten“)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

http://goluchow.pl

http://www.archeo.uw.edu.pl/zalaczniki/upload801.pdf (Münzschatz von Zagórzyn)

http://www.polskaniezwykla.pl/web/place/29767,koscielna-wies-koscielna-wies—kurhan-.html