Der Rynek von Leszno mit dem spätbarocken Rathaus (Foto: Jacek Lewiński, 2011)

Der Markt von Leszno mit dem spätbarocken Rathaus (Foto: Jacek Lewiński, 2011)

Die Stadt der Leszczyńskis

Benannt ist Leszno, welches 1393 erstmals erwähnt wurde und seit 1547 Stadtrechte besitzt, nach ihrem Gründer Rafał Leszczyński. Das Adelsgeschlecht der Leszczyńskis war Jahrhunderte lang Eigentümer von Stadt und Region. Der bekannteste Vertreter dieses Geschlechtes war Stanisław I. Leszczyński (1677 – 1766), der in Leszno seine Jugendjahre verbrachte. Unterstützt durch Karl XII. von Schweden, den preußischen König Friedrich Wilhelm I., den französischen Hof und die „Konföderation von Warschau“ war er ein harter Widersacher der sächsischen Kurfürsten um den polnischen Thron. Zweimal, 1704 – 1709 und nach August II. Tod, 1733 – 1736, wurde Stanisław zum König von Polen und Großfürst von Litauen gekrönt. Sein Leben wurde durch heftige Gegensätze geprägt: Kurzzeitige  Erfolge und Mäzenatentum wechselten mit abenteuerlicher Flucht, Lebensgefahr und Exilen in Pfalz-Zweibrücken und Nancy ab. 1738 verkaufte Leszczyński die Grafschaften Leszno und Rydzyna an Aleksander Józef Sułkowski.

Aleksander Józef Sułkowski, unbekannter Maler

Aleksander Józef Sułkowski, unbekannter Maler

Stanisław I. Leszczyński als König von Polen (Quelle: wikipedia, Aleksander Lesser)

Stanisław I. Leszczyński als König von Polen (Quelle: wikipedia, Aleksander Lesser)

Die Sułkowski folgen den Leszczyński

Aleksander Józef Sułkowski (1695 – 1762) entstammte ebenfalls einer alten polnischen Adelsfamilie, war Page am Hofe Augusts II. in Dresden sowie Jugendfreund und Vertrauter des jungen Kurprinzen. Er hatte vielerlei Ämter inne, fiel aber 1738 den Intrigen seines Kontrahenten Brühl zum Opfer und zog sich nach Leszno bzw. Rydzyna zurück. Dort widmete er sich seinen Ambitionen als Bauherr und setzte die allgemeine Schulpflicht durch. Sein Sohn Antoni Paweł Sułkowski (1785 – 1836) übernahm die Herrschaft Rydzyna, stand im Dienste Napoleons und des Herzogtums Warschau.  In der Völkerschlacht bei Leipzig führte er nach dem Tod von Fürst Poniatowski die Reste der polnischen Truppen an.

Comenius, Heermann und andere

1516 wurden die während des 30-jährigen Krieges vertriebenen „Böhmischen Brüder“ in Leszno aufgenommen. Ein weiterer Teil flüchtete dann 1628 in das tolerantere Polen, darunter auch Jan Amos Komeński (Comenius), bedeutender tschechischer Philosoph, Theologe und Pädagoge. Er wirkte etwa 15 Jahre in Leszno. Im 17. Jh. stieg die Stadt durch Handel, Tuchproduktion und Müllereiwesen zur zweitwichtigsten Großpolens auf.  Neben Comenius lebte einer der bedeutendsten deutschen barocken Kirchenlieddichter, Johann Heermann, bis zu dessen Tode 1647 in der Stadt. 1707 wurde Leszno während des Großen Nordischen Krieges von den Russen niedergebrannt. 1793 kam es unter preußische Herrschaft, gehörte aber zwischenzeitlich zu dem vom sächsischen König Friedrich August I. regierten Herzogtum Warschau.

In jener Zeit lebten viele deutschstämmige Bürger in Leszno und der Ort lag an der östlichen Grenze des einheitlichen, deutschen Sprachraums. Wohl deshalb gab F. A. Zürner den Lesern seines Reiseführers von Dresden nach Warschau 1738 noch folgenden Hinweis für die Rückreise: „Zu Lissa ist schon wieder gute teutsche Art und Manier zu leben, und versorgt zu werden“.

 

  • Rathaus (Ratusz) – barock-klassizistisches Gebäude auf den Grundmauern des Vorgängerbaues von 1639
  • Marktplatz (Rynek), umrahmt von barocken Gebäuden, das älteste von 1634 (Nr. 29), und Gründerzeithäusern aus den Jahren 1870-1914
  • Sułkowski-Palais – Barockresidenz (Architekt Pompeo Ferrari) aus der zweiten Hälfte des 17. Jh.
  • Synagoge im jüdischen Viertel, größte und wahrscheinlich älteste Hauptsynagoge mit barockem Hauptschaft, später im  Stil der Wiener Sezession ausgebildet. Heute Kunstgalerie des Kreismuseums Leszno und mit ständiger Ausstellung „Juden in Leszno”.
  • Nikolaikirche (Kościół św. Mikołaja) – nach 1680 im Auftrag der Leszczyńskis durch Giovanni Catenazzi erbaut. Beherbergt die Familiengruft der Leszczyńskis.
  • Johanneskirche (Kościół św. Jana Chrzciciela) – zwischen 1652 und 1654 durch die Böhmischen Brüder im spätgotischen Stil erbaut (siehe Bild links)
  • Kreuzkirche (Kościół św. Krzyża) – ehemals lutherische Kirche, Ende 18./ Anfang 19. Jh. durch Pompeo Ferrari erbaut. Um die Kirche herum ein zwischen 1956–1960 mit Grabsteinen des 17. -19. Jh. aus aufgelösten protestantischen Friedhöfen ausgestattetes Lapidarium, unter den Grabsteinen der Epitaph Adam Samuel Hartmanns, des Lehrers König Stanisław Leszczyńskis.
  • Kreismuseum (Muzeum Okręgowe) im ehemaligen Pfarrhaus (18. Jh.) der Kreuzkirche mit Sammlungen zur Geschichte der Stadt, des regionalen Brauchtums sowie Gemälden; Ausstellung von Grabportraits aus der 2. Hälfte des 18. Jh. und Portraits der Familienmitglieder der Leszczyńskis und Sułkowskis

    Synagoge in Leszno

    Synagoge in Leszno

Kreuzkirche in Leszno (Foto: Jacek Lewiński, 2011)

Kreuzkirche in Leszno (Foto: Jacek Lewiński, 2011)